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Wer beobachtet mit: BK Aurigae

Ralf Meyer

BK Aurigae ist ein Stern veränderlicher Helligkeit des Typs klassischer Cepheid, benannt nach δ Cephei, dem zuerst entdeckten Vertreter der Klasse. Klassische Cepheiden sind Überriesensterne vielhundertfacher Sonnenleuchtkraft und junge Objekte, die sich wegen ihrer hohen Masse rasch entwickelten. Als Mitglieder der extremen Population I (Spiralarmpopulation) konzentrieren sie sich gegen die galaktische Ebene. Tatsächlich fällt die Konzentration der Cepheiden in der Milchstraßenebene dem aufmerksamen Beobachter unmittelbar auf, wenn er die Orte einiger solcher Sterne auf einer Sternkarte markiert und das Verhältnis der Punkte zur Ebene der Milchstraße betrachtet: Kaum einer dieser Punkte liegt weiter als 10 Grad abseits vom galaktischen Äquator. Der Begriff "klassisch" soll die Objekte von den W-Virginis-Sternen oder Cepheiden der Population II abheben, die ähnliche Lichtwechsel, aber andere spektroskopische Merkmale zeigen, anders am Himmel verteilt sind und sich langsamer entwickelt haben sollen.

In einem gewöhnlichen, sonnenähnlichen (Hauptreihen-)Stern stehen nach außen drängender Gasdruck und nach innen drängende Gravitation in einem stabilen, gedämpften, störungsresistenten Gleichgewicht und heben sich eben auf. Die "über-riesigen" Dimensionen der Cepheiden haben zur Folge, daß äußere Sternschichten mit eigentümlichen physikalischen Eigenschaften aufrahmen, in denen die ausgleichende Dämpfung zufälliger Gleichgewichtsstörungen nicht mehr funktioniert und sich der Koeffizient κ (griechisch kappa) der Strahlungsabsorption anomal (regelwidrig) verhält: Der Koeffizient reagiert träge auf den andrängenden Strahlungsdruck, "hält dicht" und läßt die Strahlung nicht passieren. Die Schicht bläht sich auf, κ gibt verspätet nach, läßt die Strahlung durch, die Schicht fällt wieder zusammen, κ macht erneut dicht usw.. Das Ergebnis sind pulsierende äußere Sternschichten. Mit der Pulsation des Sterns ändern sich seine Helligkeit, seine Färbung und sein Spektraltyp. Im hellsten Licht ist die Sternoberfläche am heißesten, das Licht am wenigsten rötlich und die Spektralklasse am frühesten.

BK Aurigae steht an einem winterlichen Ort (1950.0: α = 05h06m50s, δ = +49°37,5') nördlich von Capella dort, wo die markante Fuhrmannskonstellation in die strukturschwachen Regionen der Giraffe (Cameloparadalis) übergeht. Wegen der hohen Deklination ist das Beobachtungsfenster theoretisch ganzjährig offen. In den kurzen Sommernächten von Anfang Mai bis Ende Juli rutscht das Sternfeld in geringer Höhe über den Nordhorizont. Die Helligkeit des Sterns schwankt zwischen 9,12 und 9,90 Größenklassen, zur Beobachtung genügt eine 4"-Optik. Der Lichtwechsel aller Cepheiden ist langsam. Wir legen eine Vergleichssternsequenz fest und sammeln zwischen September und April ein bis zwei Schätzungen pro Nacht. Wenn mindestens 50 Daten aufgelaufen sind, reduzieren wir in eine Zielepoche, d.h. wir vermehren oder vermindern die Zeitargumente der Schätzungen um 8,002431 Tage (eine ganze Periodendauer) oder ein Vielfaches dieses Zeitraums. Die Helligkeitsargumente bleiben dabei unverändert und sind nach der Reduktion phasengerecht in einer Lichtwechselepoche von der Länge einer Periode aufgestellt.

Ich setzte 32 professionelle Photometrien von BK Aurigae aus den Jahren 1974 bis 1990 zu einer Lichtkurve zusammen und arbeitete in das Diagramm meine visuellen Schätzungen der Saison 2003/04 ein. Wegen der Periode nahe ganzer acht Tage verklumpen meine Daten zu acht Kohorten im Abstand von jeweils einem Sonnentag. Die Gegenüberstellung der photometrischen und der visuellen Daten zeigt eine Streuung der visuellen Schätzungen um etwa 0,5 Größenklassen. Diese starke Streuung erklärt sich überwiegend durch die wechselnden Beobachtungsbedingungen während der langwierigen, verzettelten Kampagne. Typischerweise streuen visuelle Daten um weniger als 0,2mag. Mit einer mangelhaften Präzision der einzelnen Größenbestimmung ist die Validität (die Aussagekraft) einer Serie noch nicht verloren. Durch die mehrfache Wiederholung der Bestimmung unter gleichen Umständen können wir vieles ausgleichen und erhalten schließlich auch mit schlechter Präzision valide Ergebnisse. BK Aurigae ist ein idealtypischer Vertreter seiner Klasse mit steil ansteigendem und flach abfallenden Lichtwechsel. Die Phasenzuordnung des Diagramms basiert auf der Ephemeride des BAV-Circulars:

JD(max) = (24)17377,719 + 8,002431 * E (GCVS 1985 ff.)

Visuelle Beobachtungsserien von Cepheiden sind ein idealer Einstieg in die Beobachtung veränderlicher Sterne. Bei weniger untersuchten Objekten wie BK Aurigae gilt zusätzlich, daß streuende visuelle Daten allemal besser sind als hochpräzise Mehrfarbenphotometrien, die zuletzt 1990 stattfanden....


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